Migros: Noch mehr Alkoholverkauf könnte eine fatale Entwicklung bedeuten

18.11.2021

Alkohol kann bereits an vielen Orten gekauft werden, auch bei Migros-Tochterunternehmen. Trotzdem hätte eine Ausweitung des Alkoholverkaufs in den 754 Migros-Filialen in der Schweiz Konsequenzen: Studien zeigen, dass der Gesamtkonsum mit der Dichte der Verkaufspunkte steigt. Und damit zwangsläufig auch das Ausmass der Alkoholprobleme, welche heute generell unterschätzt werden. Mit der Banalisierung des Alkoholverkaufs wird auch die Prävention unter den Jugendlichen schwieriger. Und für gefährdete Menschen und solche, die eine Alkoholsucht hinter sich haben kann der Wegfall einer Einkaufsmöglichkeit ohne Alkohol-Trigger fatal sein.

 

Wenn die Migros-Genossenschaften den weisen Grundsatz Duttweilers aufgeben, so wird dies als falsches Signal wahrgenommen, dass Alkohol in der Schweiz kein Problem mehr sei. Doch das Gegenteil ist der Fall: In der Schweiz sind immer noch rund 250’000 Menschen alkoholabhängig, und rund 100’000 Kinder wachsen in einem Elternhaus auf, wo Alkohol auf problematische Weise konsumiert wird und sind damit gefährdet. Jährlich sterben fast 1550 Menschen auf Grund des Alkohols, bei jungen Männern ist der Alkohol gar die Todesursache Nummer eins.

 

Probleme würden noch ausgeweitet – und gefährdete Menschen „getriggert“

Aus der Forschung ist auch bekannt, dass von suchtgenerierenden Substanzen mehr konsumiert wird, je dichter das Angebot ist. Eine Ausweitung des Angebots an Alkohol wird also Mehrkonsum bringen. Und da die Migros eine riesige Marketingmacht hat ist auch davon auszugehen, dass sie die Produkte erfolgreich aktiv bewerben wird. So sind auch Mehrkonsum und in der Folge grössere Probleme zu erwarten.

Trockene Alkoholiker (oder solche die es werden wollen) meiden womöglich andere Verkaufspunkte, denn in der Migros fühlen sie sich bisher sicher. Gerade für sie kann es kann gefährlich sein, wenn sie keinen Ort mehr haben, wo sie vor den Alkoholanreizen in Ruhe gelassen werden. Denn Alkohol-Angebote, die oft noch beworben werden, können Auslöser für Rückfälle sein, ganz speziell für Menschen, die in Therapie sind. Es geht hier um mindestens 10’000 Menschen pro Jahr!

 

Mehrkonsum auch durch sinkende Preise?

Gleichzeitig ist anzunehmen, dass diese zusätzliche Konkurrenz zu Preissenkungen führen wird. Aus der Forschung ist bekannt, dass die Preise einen Einfluss auf den Konsum von jüngeren Menschen und solchen mit starkem Konsum hat. Ein solcher Markteintritt kann also gefährdetere Gruppen treffen.

 

Alkoholprävention bei Jugendlichen würde noch schwieriger

In einer Studie hat Sucht Schweiz kürzlich festgestellt, dass Jugendliche auf ihren Wegen im Schnitt alle fünf Minuten einem Alkoholanreiz begegnen. Die Normalität des Alkoholkonsums ist bedenklich. Wenn nun auch noch die Migros ihren Grundsatz offiziell aufgibt, dann ist das fatal und trägt zum falschen Bild bei, Alkohol sei ja kein Problem mehr. Je mehr Alkohol banalisiert wird desto schwieriger ist die Prävention unter den Jugendlichen.

In den letzten 20-30 Jahren ist Alkohol auch bei den jungen Menschen immer mehr zur Normalität geworden. Die Preissenkungen bei Bier und den Spirituosen haben dazu beigetragen, wie auch die Aufhebung des Werbeverbotes von Alkohol am Fernsehen. So ist es kein Wunder, dass der Anteil unter den 15- bis 19-Jährigen, die mindestens monatlich Rauschtrinken, innert 20 Jahren von 6 auf über 20% gestiegen ist.

 

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